Biathlon
Tüßlinger Johannes Kühn darf auch zum Weltcup nach Annecy – weil er auf Skiern gerade in Weltklasse-Form ist

12.12.2017 | Stand 18.09.2023, 20:20 Uhr
Oliver Wagenknecht

Schneller als fast alle anderen: Johannes Kühn beim jüngsten Weltcup im österreichischen Hochfilzen, hier im Sprintrennen, wo er bei drei Schießfehlern mit Rang 24 noch ein ziemlich gutes Ergebnis erzielte. − Foto: Manzoni/NordicFocus

Die deutschen Biathlon-Männer haben beim Weltcup in Hochfilzen mit vielen guten Ergebnissen für Gesprächsstoff gesorgt. Der Name Johannes Kühn wurde dabei jedoch eher selten erwähnt. 24. Platz im Sprint, 41. in der Verfolgung und für die Staffel nicht berücksichtigt – der Tüßlinger spielte in Tirol nur eine Nebenrolle.

Als am Sonntag seine DSV-Kollegen Lesser, Doll, Peiffer und Schempp Staffel-Zweiter hinter Norwegen wurden, saß Kühn im ARD-Fernsehstudio und beantwortete per Live-Chat Zuschauerfragen. "Sehr interessant" fand’s der 26-Jährige und "vermutlich angenehmer, als bei diesen extremen Windverhältnissen zu laufen".

Wobei das Laufen nicht das Problem war. Im Gegenteil: Kühn präsentierte sich auf der Strecke wie schon zuvor beim Weltcup-Auftakt im schwedischen Östersund erneut in Weltklasse-Form. So gelang ihm im 10-km-Sprint am Freitag die viertschnellste Laufzeit, seine Schlussrunde war sogar die schnellste von allen 108 Athleten. Wären bloß die Schießeinlagen nicht gewesen ...

Am Stand leistete er sich nämlich bei zehn Schuss drei Fahrkarten – und das ist bei einem Rennen auf diesem Niveau deutlich zu viel. Besonders weh tat Kühn, dass ihm zwei Fehler im liegenden Anschlag unterliefen, der ja eigentlich sein stärkerer ist. Angesichts dessen war Rang 24 sogar ein gutes Abschneiden, auch wenn das bei vier Deutschen unter den Top Ten – darunter der Newcomer Philipp Nawrath (9.) aus Nesselwang – nicht so schien. "Da wäre sicher viel mehr drin gewesen", meinte auch Kühn.

Nur 100 Sekunden hinter Sieger Johannes Thingnes Boe (Norwegen) – eine recht gute Ausgangsposition – ging er tags darauf in die Verfolgung über 12,5 km mit viermal Schießen. Schneefall und Wind machten es allen Sportlern schwer, wobei Kühn besonderen Grund zum Hadern hatte: "Gleich beim ersten Liegend hat mich eine Böe erwischt und es waren schon wieder zwei weg", kommentierte er sein Schusspech mit doppeltem Fehler. Bundestrainer Mark Kirchner bestätigte ihm später, dass die Bedingungen just in dem Moment äußerst schlecht waren. Selbst Johannes Boe, der auch diesmal gewann, hatte mit zwei Liegendfehlern begonnen; und Simon Schempp, bei beiden Rennen am Ende Vierter, verfehlte gar drei Scheiben.

Bei Kühn summierte sich die Fehlerzahl auf sieben (2/1/2/2), womit er zu den fünf schlechtesten Schützen im 57er-Feld gehörte. "Ich bin mit dem Schneefall nicht zurechtgekommen", bekannte er. Dennoch kämpfte der Wahl-Ruhpoldinger bis zum Umfallen, machte auf der Strecke immer wieder Boden gut, obwohl jedes einzelne Überholmanöver irre viel Kraft kostete: "Es war so tief! Ein Meter weiter links oder rechts kam man sich vor wie ein Schneepflug." Trotz allem nur an 41. Stelle zu landen, war für Kühn schon frustrierend. Dass er mit 1,87m Körpergröße und 80 Kilo Gewicht sogar die drittschnellste Laufzeit hinlegte, spricht aber für ihn.

Im deutschen Trainerstab weiß man das offenbar zu würdigen und deshalb darf Kühn an diesem Dienstag auch noch zu Weltcup Nummer 3 mitreisen. In Annecy in den französischen Alpen stehen von Freitag bis Sonntag Sprint, Verfolgung und ein Massenstart auf dem Plan. Steigerungspotenzial ist da – "insbesondere", wie Kühn selbstkritisch sagt, "am Schießstand".