Radsport
Burgkirchner Profi Alex Meier fürchtete nach Sturz und Verletzung Karriere-Aus – Jetzt steht er vor Comeback

10.08.2017 | Stand 18.09.2023, 20:18 Uhr
Oliver Wagenknecht

Noch zu Scherzen aufgelegt war Alexander Meier (rechts, mit einem Teamkollegen) bei der Oberösterreich-Rundfahrt vor dem Start der zweiten Etappe in Wels, bei der er zum Ende hin unverschuldet stürzte und sich schwer verletzte. Nach fast zweimonatiger Leidenszeit kann der Burgkirchner mittlerweile wieder lachen. − Foto: Lukas Hoch

Zum Gesprächstermin mit der Heimatzeitung erscheint er stilecht. "Ich habe gerade noch fünf Stunden trainiert", grinst Alexander Meier, als er sein Carbon-Rad an der Eisdiele in seinem Heimatort abstellt. Dass er wieder lachen kann, ist eine Erwähnung wert, denn in den Wochen zuvor hatte er mit der Saison innerlich schon abgeschlossen – und sogar befürchtet, dass seine Karriere als Profi-Radsportler ganz zu Ende sein könnte. Auslöser war ein Sturz in einem Rennen und eine ärztliche Fehldiagnose.

Rückblende: Oberösterreich-Rundfahrt, zweite Etappe. Es geht von Wels nach Obernberg am Inn, 192 km, 2300 Höhenmeter. Rund um den Zielort sind noch zwei größere Schleifen zu absolvieren. Alex Meier, seit dieser Saison für das fränkische Team Herrmann-Radsport startend, fährt im Hauptfeld mit. Etwa 20 km vor Schluss wird er in einen Sturz verwickelt. "Vor mir hat’s plötzlich einen tschechischen Fahrer geschmissen", erzählt Meier von der verhängnisvollen Szene, die sich kurz nach der zweiten Zieldurchfahrt abspielte. "Ich hatte keine Chance zu reagieren."

Meier scheint noch Glück im Unglück gehabt zu haben. Er sei "mit dem Knie als erstes aufgekommen", schildert er und erinnert sich an Schmerzen: "Im ersten Moment habe ich gedacht, es ist gebrochen." Vielleicht lag’s am Adrenalin, vielleicht stand er auch etwas unter Schock – jedenfalls rappelte sich Meier wieder auf: "Ich wollte weiterfahren", sagt er, "aber sie haben mich nicht gelassen." Stattdessen brachte man ihn ins Spital von Ried im Innkreis. Mit den Eltern ging’s dann am selben Abend noch heim nach Burgkirchen. "Alles ohne Schmerzmittel", so Meier.

Tags darauf setzte er sich aufs Rad, 15 km zur Probe. Erkenntnis: Das Knie ließ sich "nicht abwinkeln", wie er erzählt. Also konsultierte er einen hiesigen Facharzt, ließ im Krankenhaus eine Kernspin-Untersuchung machen. Erst habe es geheißen: Bluterguss, Schwellung, nichts Gravierendes. Meier trainierte erneut, hatte aber wieder Schmerzen. Dann eine neue Diagnose, diesmal das andere Extrem, niederschmetternd: Kreuzband kaputt, Profisport wie bisher wohl gar nicht mehr möglich, so wurde ihm gesagt. Sein komplettes linkes Bein legte man mit einer Schiene quasi still. Meier bekam den Rat, sich ruhig noch eine zweite ärztliche Meinung einzuholen. Empfohlen wurde ihm der Münchner Orthopäde Prof. Dr. Stefan Hinterwimmer, der auch mit dem Deutschen Skiververband zusammenarbeitet – und der Tipp erwies sich im Nachhinein als Gold wert.

Hinterwimmer stellte fest, dass Meier im hinteren Kreuzband lediglich einen Teileinriss hat – und schickte ihn zu Hans Friedl ins gleichnamige Therapiezentrum in Wasserburg. Dort war der Burgkirchner vier Wochen lang Stammgast. Drei, vier Stunden pro Behandlung: Geräte, Hanteln, Slackline, Bälle, Kälte- und Wärmetherapie – "das volle Programm", sagt Meier und fügt hinzu: "Da hab ich richtig geschwitzt."

Seit wenigen Tagen ist er mit dem schweißtreibenden Neuaufbau durch. Obwohl nicht hundertprozentig schmerzfrei, kann er das linke Knie wieder voll belasten. Auch das Wettkampf- Comeback ist bereits geplant: Nächsten Dienstag will Meier beim prestigereichen Bergkriterium in Dachau starten. "Ohne Ambitionen", wie er sagt, einfach um in sich reinzufühlen. Wenn alles glatt geht, sollen noch vier Bundesliga-Rennen folgen.

Dass er so schnell wieder auf die Beine kommen würde, "das hätte ich nicht gedacht", bekennt der 25-Jährige. Als er dann wusste, weiter Radsport betreiben zu können, sei er erstmal in sich gegangen und habe "ein, zwei Tage überlegt, ob ich das wirklich will". Zum einen, weil’s der dritte Verletzungs-Rückschlag innerhalb der letzten drei Jahre war, nach Beckenriss und angeknackstem Schambein. Aber auch, weil er im elterlichen Elektrobetrieb wieder stärker eingebunden ist – seit Januar als Geschäftsführer.

Trotzdem fiel die Entscheidung, seine Profikarriere fortzusetzen, am Ende eindeutig aus: "Ich lebe für den Sport und bin froh, dass ich gesund bin", sagt Alexander Meier. Er löffelt den kleinen Drei-Kugel-Eisbecher leer, den er sich nach dem fünfstündigen Training gegönnt hat, und lächelt zufrieden: "Ich greife nochmal an."