Gute Nacht "Foxes"? Englischer Meister Leicester City steht am Abgrund

15.02.2017 | Stand 15.02.2017, 13:53 Uhr

Im Februar 2017 sind Jamie Vardy (links) und Wes Morgan nach der Pleite gegen Swansea – der fünften am Stück – sichtlich ratlos.

Von Franz Eder Es war der 2. Mai 2016, als ein Märchen Realität wurde und sich der Außenseiter Leicester City zum überraschendsten Meister in der Geschichte der englischen Premier League kürte. Rund 120000 Fans feierten wenige Tage später ihre "Foxes" um Erfolgstrainer Claudio Ranieri, die sich dadurch zum ersten Mal für die Champions League qualifizierten und dann als Gruppensieger das Achtelfinale erreichten. In der Liga befindet sich der Meister dagegen seit Monaten im freien Fall: Durch die Pleite im Keller-Duell gegen Swansea (0:2) – die fünfte am Stück – ist Leicester nur noch einen Punkt vom Abstiegsplatz und zwei Punkte von Schlusslicht Sunderland entfernt. Erst einmal in der Geschichte des englischen Fußballs stieg 1938 mit Manchester City der Meister ab. Nun läuft Leicester Gefahr.

Zumindest nach außen hin behält man im Verein aber nach wie vor Ruhe und stärkt Ranieri den Rücken – wenngleich der letzte eindeutige Zuspruch noch vor der Niederlage in Swansea erfolgte: "Der gesamte Club ist und wird weiter vereint hinter seinem Trainer und hinter seinen Spielern stehen", erklärte der Verein vergangene Woche. Und dennoch ist der Kredit des Italieners nicht unendlich: Jeder wisse, dass sich die Leistungen des Teams verbessern müssten, hieß es weiter.

"Alles, was in der letzten Saison richtig lief, läuft jetzt falsch für uns", zitiert "Sport 1" einen trotzigen Ranieri, der von seinen Spielern Leistung einfordert: "Wir müssen Stärke zeigen." Wie groß der Rückhalt allerdings noch bei diesen ist, bleibt abzuwarten. "Es ist schrecklich, es ist peinlich", sagte etwa Keeper Kasper Schmeichel. "Uns fehlt zwar nicht der Kampfgeist, aber das Selbstvertrauen. Es ist an der Zeit, dass wir alle – von oben bis unten in diesem Verein – Verantwortung übernehmen. Ansonsten steigen wir ab." Mit "oben" meinte Schmeichel, der als einer der größten Kritiker des Italieners gilt, wohl seinen Trainer.

Obwohl das Verhältnis zwischen Mannschaft und Ranieri schon im Vorjahr nicht so astrein gewesen sein soll wie es schien, liegt die aktuelle Verstimmung laut "Sport 1" an einer "Veränderungswut" bei der taktischen Herangehensweise des Teams, das ein 4-4-2 gewohnt war.

Klar ist, dass Leistungsträger wie Jamie Vardy (fünf Tore) und Riyad Mahrez (drei Treffer), die im Vorjahr auf einer Welle der Euphorie schwammen und zusammen 41 Tore erzielten, weit von dieser Form entfernt sind. Erschwerend hinzu kommt der Abgang des Schlüsselspielers N'Golo Kante zum derzeitigen Tabellenführer FC Chelsea. Der überragende Mann im zentralen defensiven Mittelfeld hat in den vergangenen drei Jahren mehr Grätschen als jeder andere Spieler in der Premier League ausgepackt – und das, obwohl der 25-jährige Franzose erst zwei Jahre in England spielt.

Und dennoch muss der Meister – allen Widrigkeiten zum Trotz – dringend das Ruder rumreißen, um nicht noch weiter in den Abstiegssog hineingezogen zu werden. "So kann es nicht weitergehen", sagte Ranieri und deutete an, dass auch er seinen Profis die Unterstützung entziehen könnte. Auf die Frage, ob er Spielern der Meistermannschaft zu lange das Vertrauen geschenkt habe, sagte der Coach: "Gut möglich. Es ist schwer, wenn man so etwas Tolles erreicht hat. Dann möchte man ihnen eine, zwei oder drei Chancen geben. Aber vielleicht ist es jetzt zu viel."

Am Samstag steht erst einmal das FA-Cup-Duell gegen den FC Millwall an. In der Liga geht es am 27. Februar gegen Jürgen Klopp und den FC Liverpool weiter. Vielleicht hilft das Duell in der "Wohlfühl-Oase" Champions-League in Sevilla (22. Februar), um sportlich wieder auf die Beine zu kommen.