Jugendtrainer des 1. FC Passau lässt Spieler "pumpen"
Liegestütze: Übung oder Bestrafung?

10.10.2012 | Stand 10.10.2012, 6:00 Uhr

Thomas Voggenreiter, Nachwuchstrainer des 1. FC Passau und A-Lizenz-Inhaber, hat einen seiner D-Jugendlichen während eines Punktspiels Liegestütze an der Mittellinie machen lassen − der Jugendspieler hatte zuvor durch taktisches Fehlverhalten einen Elfmeter für den Gegner verursacht. Passaus Kreisjugendleiter Gerhard Jende empfindet diese Maßnahme als zutiefst diskriminierend: "Das ist nicht in Ordnung."

Das Unglaubliche geschieht Mitte der 2. Halbzeit beim Spiel der D-Jugendmannschaft des 1. FC Passau II beim FC Aunkirchen. Der Gast liegt schon hoch zurück, das Spiel wird 6:0 für den FCA enden. Der linke Außenverteidiger des FCP macht einen Stellungsfehler, der Aunkirchner Stürmer dringt in den Strafraum ein und wird von ihm gefoult − Elfmeter.

Der Passauer Coach Voggenreiter ruft den Spieler zu sich und lässt ihn nach Berichten von Augenzeugen vor 40 bis 50 Zuschauern Liegestütze machen − Minimum fünf Stück. Und dabei ist der Elfmeter noch gar nicht ausgeführt. Schiedsrichter Paul Diedrich dreht sich im Strafraum überrascht um und wartet, bis der Passauer Jugendliche seine "Übungen" beendet hat.

Nach dem Spiel wendet sich der Aunkirchner Trainer Siegfried Steinbauer, gleichzeitig auch Vorsitzender des FC Aunkirchen, an den Passauer Coach und fragt: "Was sollte der Krampf?" Darauf antwortet Voggenreiter nur kurz und knapp: "Das geht Dich nix an." Der Aunkirchner D-Jugendtrainer wundert sich noch immer über die Methode von Voggenreiter: "Ich trainiere jetzt schon 27 Jahre Jugendmannschaften, so etwas habe ich noch nie erlebt."

Kreisjugendleiter Gerhard Jende, dem das Geschehen Tage später berichtet wird, findet den Vorfall entwürdigend für einen D-Jugendlichen − also ein Kind im Alter zwischen elf und zwölf Jahren. Hinzu komme, dass es bei einer Mannschaft geschehen sei, die von einem Stützpunkttrainer betreut wird − Voggenreiter wird also auch vom Bayerischen Fußballverband für seine Arbeit am NLZ Passau bezahlt. "Sind das jetzt die neuen erzieherischen Maßnahmen eines Leistungszentrums?", fragt Jende. Und: "Wenn das mein Sohn gewesen wäre, hätte ich ihn sofort beim FC abgemeldet."

Voggenreiter selbst will zum "Liegestütze-Fall" in Aunkirchen nicht detailliert Stellung nehmen. Nach Auskunft des Autors von Fußball-Fachbüchern zur Trainingslehre, die im Fußballverlag erscheinen, sei "der Sachverhalt völlig falsch dargestellt worden und daher ist eine weitere Kommentierung meinerseits nicht nötig". Auch der für das NLZ Passau zuständige DFB-Stützpunkt-Koordinator Peter Wimmer bewertet die Aktion als nicht tragisch: "Ich sehe darin keine Bestrafung und keine Diskriminierung für den D-Jugendspieler − das war ein Spaß." Und: "Für Thomas Voggenreiter wird dies überhaupt keine Konsequenzen haben."

Dies muss jedoch nicht zwingend der Fall sein. Denn: BFV-Hauptabteilungsleiter Sport, Dr. Felix Brych (Talentförderung & Schiedsrichter), den Kreisjugendleiter Jende über den "Liegestütze-Fall" informiert hat, wird das Thema bei einer der nächsten BFV-Sitzungen über die Leistungszentren ansprechen. Das hat Dr. Brych dem Passauer Kreisjugendleiter schriftlich bestätigt. Und: "Das ist nicht im Sinne der Jugend."