Unternehmer stampft Fußball-Förderung aus dem Boden: Konkurrenz für Deggendorf?

25.10.2016 | Stand 18.09.2023, 23:44 Uhr

Der große Eifer der Kleinen: Auf der Anlage des TSV Natternberg trainieren montags besonders talentierte Kinder. Es soll erst der Anfang sein. − Fotos: Helmut Müller

Einer muss es ja machen, sagt Thomas Freimuth. Und dieser eine, das will er sein: Der Unternehmer aus Stephansposching hat binnen zwei Wochen ein Jugendfußball-Förderkonzept aus dem Boden gestampft.

Mit im Boot sitzt der SSV Jahn Regensburg. Trainiert wird einmal die Woche in Natternberg, seit Mitte September. Zwölf Sieben-, Acht- und Neunjährige sind dabei. An der Linie steht Korbinian Huber, Jugendtrainer in Diensten des SSV Jahn. Im kommenden Jahr sollen Testspiele im Rahmen eines zwanglosen Fördervereins, gegen Regensburg, Bayern München und andere folgen, ab März werden Sichtungstage organisiert. Freimuth sieht das für viele der Kinder als eine einzigartige Chance auf professionelles Training.

"ICH WILL EIN ZEICHEN SETZEN"

Es bleibt die Frage: Warum? Wo doch direkt nebenan die Drähte der Spvgg Grün-Weiß Deggendorf zu den Profi-Klubs heiß glühen und Talente regelmäßig den Sprung nach Nürnberg, München oder Fürth schaffen? "Ganz einfach", sagt der 40 Jahre alte Freimuth, "weil ich nicht will, dass die Kinder ihre Vereine und Freunde so früh verlassen müssen, um erst gefördert und später doch nicht genommen zu werden. Ich will ein Zeichen setzen, dass Jugendförderung auch anders geht."

ENGAGEMENT IST NICHT NUR SELBSTLOS

Dass der zweifache Firmenchef und Golflehrers berühmter Münchner jede freie Minute dafür opfert, hat auch einen persönlichen Grund: Sohn Alexander (8). Der Blondschopf spielte schon länger in der Talentfördergruppe der Jahnschule und wäre demnächst in der U9 (Jahnschmiede) aufgenommen worden. Zur Saison 2016/2017 aber änderte der Jahn die Spielregeln: Wer über eine halbe Stunde Fahrtzeit von Regensburg entfernt liegt, wird für das Training der U9 bis U12 nicht mehr zugelassen.

Weil er sich damit nicht abfinden will, wurde Freimuth selbst aktiv: Über zwei Wochen traf er sich mit vielen Familien talentierter Kinder. In einigen der circa 30 Telefonate mit verschiedenen Abteilungsleitern aus dem Landkreis kam erstmals Gegenwind auf: Freimuth würde die Kinder doch ohnehin nur abwerben und den Vereinen schaden wollen, hieß es von manchen.

"PROJEKT IST NEUTRAL"

In der zweiten Woche wurden Verträge zwischen Jahn Regensburg und den Eltern der Kinder geschlossen. Die Erziehungsberechtigten der Kinder aus Metten, Deggenau, Natternberg, Wallerfing, Plattling oder auch Waldkirchen zahlen nun monatlich einen kleinen Beitrag, um die Unkosten der Regensburger zu decken.Den Zweiflern am Projekt der "Niederbayern PowerKids", entgegnet Freimuth: "Das Projekt ist neutral. Wir werden keine Spieler abwerben." Als Organisationsform soll in naher Zeit ein Förderverein gegründet werden, welcher die Verträge anstelle des Jahn übernehmen soll. Firmen aus den jeweiligen Heimatorten der Kinder könnten auch Patenschaften übernehmen.

DER VORTEIL FÜR DEN JAHN

Der Vorteil des Jahn in dieser Sache: Das Zentrum Deggendorf, das Ablösesummen verlangen kann und bei jedem Profi-Transfer ehemaliger Jugendspieler wie Robin Yalcin (Rizespor) oder Thomas Pledl (an Sandhausen verliehen) circa 1 Prozent der Transfersumme verdient, guckt zu. Gesprochen hat Freimuth noch nicht mit der Spvgg Grün-Weiß Deggendorf. Er weiß, dass dieser komplizierte Dialog ansteht, will ihn "bald" nachholen. Vom Bayerischen Fußball-Verband erwartet der Stephansposchinger keinen Widerspruch.

NATTERNBERG ALS JAHN-AUSSENSTELLE?

Um dem Privat-Pilotprojekt offiziellen Charakter zu verleihen, soll der ersten Kooperation zwischen dem Jahn und den Eltern eine zweite zwischen dem Jahn und dem TSV Natternberg folgen. Natternberg soll sowohl Austragungsort für Regensburger Fußball-Camps als auch Jugendleistungszentrum werden. Freimuths Versprechen an Eltern und Vereine, dass die Talente in gewohnter Umgebung bleiben, dürfte damit seiner schwersten Prüfung unterzogen werden. Immerhin: Wo sie spielen und was sie machen wollen, entscheiden am Ende sowieso die Kleinen.