Ingolstadt
Die Leiche aus dem Moor

Donald Berkenhoff liest aus seinem Krimi-Manuskript "Ziemlich düster"

10.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:55 Uhr
Im Opfermoor von Oberdorla lässt Donald Berkenhoff die erste Leiche auftauchen - genau in der geografischen Mitte Deutschlands. −Foto: Wegener-Hüssen/Kolar

Ingolstadt (DK) Max starrt auf die Leiche und sagt "Der ist nicht von hier."

Es klingt ein wenig vorwurfsvoll, aber auch ein wenig erleichtert, so wie Donald Berkenhoff das liest. Und vor allem impliziert es: Nicht unser Problem. Das Problem für Max und Gert wird eher sein, ihre Anwesenheit auf diesem Gelände zu erklären. Das Angeln ist - nun ja - nicht ausdrücklich verboten. Und die Fische werden sowieso wieder in den See geworfen. Aber das Freilichtmuseum hat eigentlich geschlossen. Und jetzt ist da diese Leiche, in eine Art Kaftan gekleidet und seltsam verschnürt, mit herausgebrochenen Zähnen. Gefoltert wurde der Mann auch, das wird die Obduktion später ergeben. Und ermordet wurde er sicherlich nicht hier. Warum also liegt er im Opfermoor? Ein zweiter Ötzi ist es jedenfalls nicht.

Mit diesem Leichenfund im Moor beginnt der Krimi "Ziemlich düster" von Donald Berkenhoff. Bis 2018 war er Chefdramaturg am Stadttheater Ingolstadt, nach seinem Umzug nach Berlin hat er sich unter die Autoren gemischt. Noch ist der Krimi nicht fertig. Die Veröffentlichung ist im Frühjahr oder Herbst 2020 geplant. Trotzdem gab es am Mittwochabend in der Kulturhalle P3 in der Peisserstraße Auszüge daraus.

Während seines Germanistikstudiums hatte Donald Berkenhoff das Opfermoor von Oberdorla in Thüringen besucht. Dabei handelt es sich um eine vorgeschichtliche Kultstätte, die von der Hallstattzeit im 6. Jahrhundert v. Chr. bis lange nach der Christianisierung genutzt worden war. "Damals ist die Idee zum Krimi entstanden - und ich hatte auch schon einen Titel: ,Opfermoor'", erzählt er. Doch mitten im Schreibprozess entdeckte er in einer Buchhandlung einen irischen Krimi mit demselben Titel und einer ähnlichen Story. Das bescherte ihm zunächst eine Schreibblockade, bis er auf die Idee kam, die Leiche im Moor mit dem verschwundenen Millionenvermögen des Kommunistischen Bundes Westdeutschland zu verknüpfen. Und ganz nebenbei noch Themen wie den Kunstbetrieb, Genderfragen, Klimakrise und das Erstarken der Rechten zu streifen.

Und so werden seine "Ermittler" bald auf einen Namen stoßen, der ihnen eine Spur zum Geld weist. Wolfgang Arndt. Er hatte ursprünglich am Frankfurter Städel studiert, sich zum Kunstfeind entwickelt, die Revolution propagiert, das Erbe seiner Eltern verschenkt. Er war in einer militanten Frankfurter K-Gruppe und wegen Gewaltdelikten vorbestraft. Aber warum wurde sein gewaltsamer Tod auf so eine drastische Weise inszeniert?

Das verrät Donald Berkenhoff natürlich nicht in den etwa 40 Seiten, die er vorträgt, in diesem beiläufigen, leicht ironischen Erzählton, der so typisch für ihn ist. Eine sehr filmische Herangehensweise legt er an den Tag. Er zoomt verschiedene Figuren heran, die der Leser dann ein Stück begleitet. Viele Dialoge. Lakonischer Sprachwitz. Präzise Beobachtungen. Atmosphärische Bilder.

Zu Beginn der Handlung ächzt Deutschland unter der Sommerhitze - und auch die Figuren, die bisweilen ganz eigene Vorstellungen zum Fortgang der Geschichte entwickeln, schwitzen unter den Temperaturen. Donald Berkenhoff grinst: "Drei Kapitel später fängt der Regen an und hört bis zum Schluss nicht mehr auf. Das Ende wird in Sturzfluten untergehen. Und beim Showdown gibt es ein ziemliches Gemetzel. " Und das Geld? "Blitzt ganz kurz auf. Aber dann ist es weg. Verschwunden in einer Finanzblase. Da wollte wer aus Geld noch mehr Geld machen. "

Spannend ist das. Die Fortsetzung folgt hoffentlich bald. Mehr mit Donald Berkenhoff gibt es bei der nächsten Literalounge am 6. November um 20 Uhr in der Werkstatt des Stadttheaters Ingolstadt. Dann liest er nicht selbst, sondern präsentiert Neuheiten des Büchermarktes.

Anja Witzke