München
Freie Wohlfahrtspflege: Politik vergisst viele Menschen

04.02.2021 | Stand 12.02.2021, 3:33 Uhr

Caritas, Diakonie & Co. arbeiten jeden Tag mit Menschen, die besonders unter der Corona-Pandemie leiden - seien es kranke und behinderte Menschen oder benachteiligte Kinder. Sie schlagen Alarm: Die Politik müsse auch einen sozialen Schutzschirm spannen.

Die Politik hat die Folgen ihrer Anti-Corona-Maßnahmen nach Einschätzung der Freien Wohlfahrtspflege Bayern nicht ausreichend im Blick. „Gerade ärmere Menschen vergisst die Politik zu oft“, kritisierte die neue Vorsitzende Margit Berndl vom Paritätischen Wohlfahrtsverband am Donnerstag in München. Auch besonders verletzliche Personengruppen wie Menschen mit Behinderung, zu Hause lebende Pflegebedürftige, psychisch Kranke oder Obdachlose kämen in den Überlegungen oft zu kurz.

„So wie im letzten Jahr Schutzschirme für die Wirtschaft gespannt wurden, braucht es Schutzschirme für Menschen, die besonders unter der Pandemie leiden und leiden werden“, forderte Berndl.

Nach Einschätzung der Verbände zeigen sich inzwischen zahlreiche negative Folgen der Pandemie: Familien seien angesichts geschlossener Kitas und Schulen in einem täglichen Ausnahmezustand, kranke und alte Menschen in den Heimen seit nun fast einem Jahr weitgehend isoliert, viele Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Benachteiligte Kinder verlören in der Schule den Anschluss, und immer mehr Menschen litten unter Einsamkeit, psychischen Belastungen oder Suchtproblemen.

„Die sozialen Folgen der Corona-Pandemie sind noch nicht klar absehbar, aber sie werden ganz sicher vielfältig und herausfordernd sein“, betonte Berndl. Entscheidend sei, sich jetzt schon darum zu kümmern, wie diese Folgen abgefedert werden könnten. Dazu seien finanzielle Hilfen ebenso nötig wie ein gut ausgebautes Netz sozialer Einrichtungen zur Unterstützung der Betroffenen.

Berndls scheidender Vorgänger, Landes-Caritasdirektor Bernhard Piendl, kritisierte, dass die Politiker gerade auch in der ersten Phase der Pandemie nicht ausreichend auf die Expertise der Wohlfahrtsverbände gehört hätten. „Man hat uns schlicht nicht gefragt, wie das denn in der Praxis ankommt und was das in der Praxis für eine Auswirkung hat.“

Sei es die Ausstattung mit Schutzausrüstung, die Begleitung Sterbender, Tests in den Pflegeeinrichtungen oder die Rückzahlung der Kita-Beiträge: „Das war harte Knochenarbeit, um hier bei der Politik etwas zu erreichen und die Situation zu verbessern“, resümierte Piendl. Inzwischen laufe die Kommunikation zwar besser, dennoch gebe es noch auf vielen Feldern Handlungsbedarf.

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dpa